Reisebericht 23
VON PORT ST.LOUISE DE RHONE BIS ST. CYPRIEN
Stand am 18.6.03 7.723 km
Von Port St.Louis aus gingen wir über die grosse Rhône in die kleine Rhône, von da aus in den Kanal Sete über den Bassin de Thau weiter in den Kanal Midi bis in den Kanal Robine, der in dem Etang de Sigean endet - das ist bei Port Nouvelle. Der Weg über die Kanele war wunderschön und sozusagen etwas Urlaub für uns. Für Rainer war es auch besser, es gab kein Kämpfen gegen Wind und Wellen, das Anlegen am Ufer war leicht und es gab kein Rausschleppen der schweren Boote. Oft hatte Rainer starke Schmerzen, doch am besten ging es ihm wenn er im Boot war. Laufen und Liegen bereiteten ihm echt Probleme. Über ein Jahr hatte er absolut keine Beschwerden und nun fing alles wieder von vorne an!!
Er plagt sich also zu einem Ort, wo wir von einem Deutschen per email eine Einladung erhielten. Wir erhofften uns dort Hilfe und Gastfreundschaft. Doch leider kommen wir zu einem ungünstigen Zeitpunkt und mussten nach zwei Tagen wieder gehen, obwohl es regnete und stürmte - ein Sauwetter, wo man nicht einmal einen Hund vor die Tür jagt. Das war echt ein Reinfall und wir waren sehr frustriert und enttäuscht. Das war die schlechteste Erfahrung in Bezug auf Gastfreundschaft, die wir je machten
Nach der Stadt Sete durchquerten wir den Etang Thau und hier gibt es riesige Austerzuchtanlagen. Wir trafen am Wasser einen Farmer und er erzählte uns, dass die Züchter allen Fremden die sich in der Nähe der Anlagen herumtreiben sehr misstrauisch sind, denn es gibt hier professionelle Diebe, die kiloweise Austern stehlen. Die jungen Austern werden an 5m langen Seilen ausgehängt und nach einem Jahr sind sie fertig. Das ist eine relativ kurze Zeit, denn am Atlantik brauchen sie bis zu 4 Jahre. Da wir aber nicht wie Diebe aussehen und in den Kajaks kein Platz ist für viele Austern, spendiert uns der nette Farmer ein gutes Mittagessen und wir schlürfen frische Austern.
Im Kanal Midi erlebten wir bei den Schleusen so einiges, aber am beeindruckensten war wohl das Paddeln über die Brücke und man hat das Gefühl der Kanal geht über die Berge.
Die siebenfache Schleuse bei Beziers ist mit den Kajaks nur mit einer Genehmigung zu passieren. Gut, wir haben keine.. was tun? Treffen auf den Hausbooten 4 Deutsche, die sich kurzerhand entschliessen, unsere Boote seitlich festzumachen und uns die 7 Schleusen mit hoch zu nehmen. Es ist alles gut gegangen, aber es wäre fast zu einer Katastrophe gekommen. In diese Schleusen werden immer 4 Boote auf einmal reingezwängt und unsere Kajaks waren in der Mitte. Wenn einer der Bootsleute nicht aufpasst, sind sie zerquetscht! Nach 2 Stunden voller Konzentration sind wir durch und ich würde es nicht noch einmal machen – es war Wahnsinn!
Dafür entschädigt uns die wunderbare Landschaft den Kanal entlang. Und immer vor den Etangs treffen wir auf Flamingos und Pelikane. Man kann sie ganz aus der Nähe beobachten – schade ist es, dass an manchen Gebieten, in denen Reis angebaut wird, die Bauern die ganze Nacht mittels einer Anlage schiessen, damit das Geräusch die Flamingos vertreibt.
Nun wieder zu Rainers Problem, er braucht wirklich bald Hilfe und ich einen sicheren Platz für die Boote. Erreichen wieder am Meer entlang den Hafen St.Cyprien, lernen hier Paul, einen Engländer, kennen, der mit seiner Motoryacht hier ist.
Da er für 9 Tage nach London muss, läd er uns ein, auf seinem Boot zu bleiben. Perfekt, organisieren gleich, wie Rainer nach Rom kommt - am besten mit dem Zug. Doch wir haben kein Glück, zweimal fahren wir umsonst nach Perpignan, denn in Frankreich wird gestreikt und es geht kein Zug raus.
Versuchen nun, ob es mit dem Bus klappt und so kommt Rainer am 10.6.03 nach Rom. Tags darauf liegt er unter dem Messer. Und er hat richtig gelegen mit der Vermutung, dass es die selbe Bandscheibe war wie vor einem Jahr. Diesesmal ist wieder etwas Material ausgelaufen und es hat auf den Nerv gedrückt. Rainer wollte deshalb zurück nach Rom, weil er den zwei deutschen Doktoren vertraut und weil sie ihn ja auch das erstemal operierten und alles gut verlaufen war.
Die Ärzte sind zufrieden, die OP war gut und Rainers starke Rückenmuskel werden den Heilungsprozess beschleunigen. Dass es irgendwann wieder zu einer OP führt, ist nicht auszuschliessen!! Das hat aber nichts mit dem Paddeln zu tun, es wäre auch zu Hause passiert. Wir werden auf alle Fälle weitermachen, auch wenn wir durch solche unvorhergesehenen Ereignisse ein paar Monate mit unserem groben Zeitplan hinterherhinken.
Der Engländer, der nach 9 Tagen wiederkam, geht nun mit seinem Boot nach Italien. Ich habe in der Zwischenzeit einen anderen Platz gefunden und auch dieses Geschichte ist unglaublich!
Camille heisst der gute Mann; er ist aus Luxemburg, er hat hier ein Ferienhaus und nachdem er unsere Geschichte gehört hat, drückt er mir seinen Haustürschlussel in die Hand und meint „du kannst, solange du willst und solange, bis Rainer, nachdem er zurück ist, wieder fit ist, hier bleiben“ Das alles nach 10 Minuten Gespräch - einfach unglaublich, dass nenn ich Gastfreundschaft und ich kann mich nur herzlich bedanken und Jesus für dies Geschenk danken.
Das Ferienhaus ist gleich in der Nähe des Hafens und so wird die Zeit genutzt um neue Bootshäute zu bekommen. Ich schleppe die Boote in den Garten, dann wird alles abgebaut und es klappt hervoragend mit der Firma Klepper die neuen Häute werden in 15 Tagen hier sein.
Es gibt immer wieder Höhen und Tiefen, aber Rainer und ich sind nun schon so lange unterwegs, dass wir gewiss sind, egal, was auf uns zu kommt, wir sind geborgen in Gottes Hand - er führt und bewahrt uns auch dann, wenn man es nicht immer gleich versteht.
So meine lieben Freunde das war das Akktuellste von uns – es wird wieder weiter gehen und wir freuen uns schon auf Spanien, ist ja nur noch 25 km von hier bis zur Grenze!